Es empfiehlt sich doch das Pferd von hinten aufzuzäumen

Posted by Verarius
10-11-2023

Ist es schon wieder passiert? Ein Projekt hat vielversprechend begonnen, die anfänglichen Meilensteine wurden mühelos erreicht, und dann ging plötzlich alles schief? Verliere nicht die Hoffnung, es gibt eine Möglichkeit, diesen Teufelskreis aufzubrechen! Genau darüber sprechen wir heute.

Die Verbindung zwischen Menschen und Anreizen ist sehr einfach zu beschreiben: Menschen reagieren auf Anreize. Das gilt übrigens das auch für das Tierreich: Die Methode von Zuckerbrot und Peitsche gilt für alle Arten von Spezies, nicht nur für Menschenskinder. Noch wichtiger ist die Wechselbeziehung zwischen Reaktion auf Anreize und Zeitpräferenz, über die wir hier gesprochen haben. Die beiden tauchen wie ein duo infernale in klassischen und fast ikonischen Studien wie in dem Stanford-Marshmallow-Experiment oder dem Iowa-Glücksspieltest auf oder dienen gemeinsam als Grundlage für theoretische Modelle wie zum Beispiel fürAinslie-Rachlin-Modell. Für den Weltbank-Ökonomen William Easterly wurde die Reaktionsfähigkeit der Menschen auf Anreize sogar zur Grundlage für sein bahnbrechendes Buch "The Elusive Quest for Growth", in dem Anreize letztendlich den Entwicklungspfad von Gesellschaften prägen.

Im Kontext einer Organisation werden Anreize in Key Performance Indicators (KPIs), Service Level Agreements (SLAs), Ziele und alle Arten von daraus resultierenden Bonus- und Malusregeln umgewandelt. Daher ist es enorm wichtig, einen solchen Satz von KPIs für die Steuerung Deines Projektes zu erstellen, der die Aufmerksamkeit des Teams auf langfristige Ergebnisse lenkt, anstatt von Meilenstein zu Meilenstein zu hüpfen und zu hoffen, dass der Rest später sortiert wird – am besten nach dem Live-Gang und durch jemand anderen.

Wie sollst Du das praktisch angehen? Zunächst einmal, global und strategisch betrachtet, denk an das Ergebnis und betreibe ein wenig Reverse Engineering. Stell Dir den Tag vor, an dem das Projekt live geht. Woher weißt Du, dass es erfolgreich ist? Was ist hier entscheidend? Es ist eine großartige Idee, einen Blick auf den ursprünglichen Businessplan zu werfen – das wird Deine Perspektive ein wenig auffrischen. Übersetze dann die Ergebnisse in operative Metriken, die auf die Abteilung oder die Division zutreffen würden, und erstelle daraus einen KPI – nicht nur für die Abteilung, sondern auch für den Projektleiter. Dieses Prinzip gilt auch für die Festlegung von KPIs zwischen den Phasen des Projekts. Was sind Deine Meilensteine? Was ist wirklich entscheidend, wenn sie erreicht werden? Dies ist keine triviale Frage, da Menschen das optimieren werden, worauf Fokus gelegt wird, und wie ein altes Prinzip sagt: Wenn eine Maßzahl zu einem Ziel wird, hört sie auf, eine gute Maßzahl zu sein.

Dieser Ansatz wäre jedoch nur die zweitbeste Lösung für die Probleme, die aus geteilten Verantwortlichkeiten resultieren. Die unschlagbare erstklassige Lösung und der einfachste Weg, das Problem im Keim zu ersticken, besteht darin, eine solche Konstellation von vornherein zu vermeiden. Wo immer möglich soll der Planer und der Umsetzer dieselbe Person sein (idealerweise sollte dies dieselbe Person sein, die nach dem Livegang mit der Lösung "leben" wird). Wenn Du Dich doch dafür entscheidest, dass eine Person (ein Team oder eine Abteilung) das Projekt initiiert, und eine andere es umsetzt oder damit live geht, gibt es immer noch eine Möglichkeit, diese Konstrukt fliegen zu lassen. Stelle sicher, dass Du für den Planer solche KPIs festlegst, die Du erst nach dem Livegang bewerten und darauf reagieren könntest. Dabei wird es eine Gradwanderung sein, um die richtige Botschaft an den Projektleiter zu senden, die eine gute Mischung aus kurz- und langfristigen Anreizen ausbalanciert und dabei noch die Zustimmung vom Projektleiter zu erhalten. Dieser Ansatz ist zwar kein Standardvorgang, ist aber in mehren Organisationen praktikabel, als es sich vermuten lässt. Zumindest kannst Du fast immer eine Konstellation entwickeln, die den „Eigentümer“ des Projektergebnisses bereits in einer frühen Phase des Projekts einbindet oder umgekehrt – einen Bonus oder einen anderen Anreiz für den Projektleiter an die Ergebnisse der implementierten Lösung bindet. Ja, dies wird eine zusätzliche Schicht an Komplexität in der Kommunikation und Entscheidungsfindung während der Projektdauer hinzufügen und die Dinge zu Beginn verlangsamen. Dennoch erhältst Du zwei Vorteile zum Preis einer Unannehmlichkeit. Zum einen nutzt Du die "Define"-Phase auf eine sinnvolle Weise, um nichts zu überstürzen. Zum anderen wird dies eine kluge Investition sein, da Du beim Lievgang erheblich weniger Verschleiß haben wirst - wo sich der Verschleiß als wesentlich teurer erweist.

Und eine Anmerkung zum Schluss: Wenn Du kurz davor bist, grünes Licht für ein Projekt zu geben, das von jemandem initiiert wird, dessen Tage in der Organisation gezählt sind – ruf mich sofort an. Ich werde Dich von dieser Idee schleunigst abbringen, und je entschlossener Dein Projektmanager ist, desto schneller solltest Dudie Nummer wählen.

 

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