Buchempfehlung: Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote

Posted by Verarius
29-03-2024

Gerade als dieser Blogbeitrag in Form einer Buchempfehlung für „ Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote: Moral ist älter als Religion “ zur Veröffentlichung fertiggestellt wurde, kam die niederschmetternde Nachricht an die Öffentlichkeit – der Autor des Buches, Frans de Waal, war verstorben. Primatologe Frans de Waal hat immens dazu beigetragen, uns Menschen zu helfen, unsere Spezies in einem viel breiteren Kontext unserer Primatenverwandten zu sehen und uns selbst ein wenig weniger ernst zu nehmen. Wie das TimesJournal 2007 formulierte, als es Frans de Waal in seine Liste der 100 einflussreichsten Personen aufnahm, die die Welt mit ihrer Macht, ihrem Talent oder ihrem moralischen Beispiel verändert haben: „Wir mögen akzeptieren, dass wir von Affen abstammen, aber es braucht Menschen wie Frans de Waal, um uns zu erinnern, dass wir noch gar nicht so weit gereist sind.“ Diese herzzerreißenden Umstände lassen mich noch vehementer dafür plädieren, seine Bücher zu lesen. Daher habe ich den Eintrag neu geschrieben, in der Hoffnung, mehr Verlangen zu wecken, in die faszinierende Welt einzutauchen, die Frans de Waal für uns geöffnet hat.

Unter allen Büchern von Frans de Waal sticht eines für mich heraus – dasjenige, das ich mindestens einmal pro Jahr erneut lese und fast mehr Menschen empfohlen habe, als ich kenne, ist Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote". Was macht also dieses (Hör-)Buch zu einem erstaunlichen Begleiter für einen Spaziergang an einem sonnigen Tag, zu einer unerschöpflichen Quelle des Optimismus, wenn man an einem regnerischen Wochenende auf dem Sofa sitzt, und zu einem fabelhaften Vertrauten beim Reisen und Umziehen? Ich habe begonnen, eine Liste seiner Tugenden zu erstellen, aber als ich im oberen 200er Bereich ankam, habe ich mich letztendlich dagegen entscheiden. Daher habe ich mich dafür entschloßen, eure Aufmerksamkeit auf ein paar Highlights zu lenken, anstatt eine lange Liste zu präsentieren (auf Anfrage immer noch verfügbar).

„Der Bonobo und der Atheist: Auf der Suche nach Humanismus unter den Primaten" bietet eine multidimensionale Reise. Wir werden wissenschaftliche Konferenzen rund um die Welt besuchen, in Primatenkolonien in Zoos sowie in ihren natürlichen Lebensraum reinschauen, während Gemälde von Bosch und Bruegel sehr lebhaft vor unserem inneren Auge rekonstruiert werden, wenn man es am wenigsten erwarten kann. Bonus: Der letzte Punkt bietet auch einige überraschende Einblicke in die niederländische Sprache. Das Buch dreht sich um die Ursprünge von Moral, Empathie und Religion – bei unseren Primatenverwandten, und schlägt vor, dass diese Eigenschaften lange vor der Prägung von Begriffen und Bezeichnungen, geschweige denn bevor es einen Homo sapiens gab, der sie aussprechen konnte, erschienen sind. Im Zentrum der Aufmerksamkeit von de Waal stehen zwei unserer nächsten Verwandten – Bonobos, bekannt für ihre friedliche und empathische Sozialstruktur ("die Hippies der Primatenwelt"), aber auch Schimpansen, die eher für ihre „rot in Zahn und Klaue“ Sozialpolitik bekannt sind.

Dieses Buch ist in seinem Wesen unglaublich friedensstiftend und „brückenbauend“. An erster Stelle betrifft diese Versöhnung die Beziehung zwischen Menschen und Tieren. Frans de Waal bringt unermüdlich die Ähnlichkeiten in den Vordergrund, die wir besonders mit unseren Primatenverwandten teilen – einschließlich der Tendenzen, die bis vor kurzem als „nur“ menschlich betrachtet wurden, wie die Nutzung von Werkzeugen bei unserer Arbeit, Selbstbewusstsein, die Fähigkeit, das Konzept des Todes zu erfassen, Gerechtigkeitssinn, die Fähigkeit, unsere Handlungen zu planen und ja, Moralität.

Darüber hinaus leistet das Buch, wie der Titel bereits widerspiegelt, einen enormen Beitrag dazu, die Kluft zwischen Gläubigen und Atheisten zu überbrücken. Auf wunderbare Weise führt uns Frans de Waal durch die Ursprünge von Altruismus und moralischen Werten mit Schimpansen und Bonobos und schlägt vor, unsere Aufmerksamkeit auf den Zweck der Religion als solche zu konzentrieren. Die Frage zu beantworten oder sogar zu stellen, warum" das Konzept der Religion überhaupt entstanden ist, erweist sich als viel aufschlussreicher als zehrende und ermüdende Debatten darüber, ob es einen Gott gibt oder nicht. Meiner Meinung nach ist das Buch eine großartige Quelle der Hoffnung, da es zeigt, wie die beiden Lager sich zumindest einander annähern und einen gemeinsamen Nenner in ihren Warums und Bedürfnissen finden könnten.

Zu einem verwandten Thema ist das Buch ein unglaublicher Augenöffner und ein Antitod für die Schwärz-Weiß-Malerei. Statt Dinge gegenüberzustellen, zu kategorisieren und zu trennen sowie sie auf eine extrem isolierte Weise zu betrachten, wählt Frans de Waal einen ganzheitlicheren und komplexeren Ansatz. Oft werden wir so leicht zur Beute von voreiligen Verallgemeinerungen oder falschen Dichotomien. Besonders wenn wir unser am wenigsten ansprechendes und sympathisches Verhalten rechtfertigen, neigen wir dazu, es als einfach etwas Tierisches abzutun, das wir von unseren Vorfahren geerbt haben. Da wir jedoch sowohl mit Schimpansen als auch mit Bonobos eng verwandt sind, beschreibt uns Frans de Waal als „bipolare Affen“: wir sind fähig, sowohl unglaublich einfühlsam und fürsorglich als auch kaltblütig und rücksichtslos zu sein. Selbst wenn man nicht immer das gezeigte Verhalten wählen kann, finde ich dieses Wissen äußerst ermächtigend. Es gibt uns einen fabelhaften Grund, uns hin und wieder zu fragen: Wie kann ich heute mehr von meinem „inneren Bonobo“ zum Vorschein bringen und meinen Mitprimaten helfen, dasselbe zu tun?

Das Titelbild stammt vom Cover von “The Bonobo and the Atheist: In Search of Humanism Among the Primates”, 2014

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