Es ist kein IT-Problem!

Posted by Verarius
2-02-2024

In den letzten Wochen habe ich einige führende IT-Fachleute denselben Satz sagen hören: "Es ist kein IT-Problem!". Manchmal mit Amüsement ausgesprochen, manchmal mit Erstaunen und Empörung, manchmal in Verzweiflung und manchmal in schierem Unglauben, dass im Jahr 2024 diese Verwirrung immer noch besteht. Ich habe beschlossen, die häufigsten Möchtegern -IT-Probleme zu sammeln, denen auf den Grund zu gehen und zu überlegen, was wir dagegen tun können.

Wer sind die häufigsten Verdächtigen? Ohne den Anspruch auf eine perfekte Repräsentation aus statistischer Sicht, scheinen dies die Top-Kandidaten zu sein.

ERP oder nicht ERP? Die Einführung eines ERP-Systems.

Das Thema ERP führt die Liste an, ohne Zweifel! Egal, wofür dein Herz schlägt – ob Oracle, SAP, Microsoft Dynamics oder NetSuite in Betracht gezogen wird – die Entscheidung darüber ist kein IT-Thema. Um das Offensichtliche zu betonen (was wahrscheinlich notwendig ist, da das Thema immer wieder auftaucht): ERP steht für Enterprise Resource Planning. Ein ERP – jedes ERP, um genau zu sein – ist daher nichts weiter als ein Werkzeug, das deine Geschäftsprozesse darstellt. Ein ERP ist gewissermaßen eine zweite Ableitung deines Geschäftsmodells, wobei deine Prozesse die erste Ableitung sind. Dein Geschäftsmodell ist nicht das Thema, für das du die Entscheidungsfindung an deine IT-Abteilung delegieren möchtest, egal wie viel Glück du hattest, die brillantesten Techniker einzustellen. Du definierst dein Geschäftsmodell, das wiederum deine Prozesse definiert, und du benötigst ein gutes Verständnis dieser Prozesse. Sind sie ähnlich? Hast du sie bereits auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, und ist es der state-of-the-art Prozess? Hast du genug Volumen, das die Einführung eines massiven ERP-Systems rechtfertigen würde? Was ist, wenn du einen so orientalischen Teppich aus bunten, aber unterschiedlichen Prozessen zwischen verschiedenen Organisationen innerhalb deines Konzerns betrachtest, dass die Einführung eines massiven ERP-Tools wie eine Teppichbombardierung – nicht einmal Kanonen – auf Spatzen wäre? So viele Fragen und so wenige Antworten... Während die IT-Abteilung dir bei der Beantwortung einiger davon helfen kann und sollte, muss die letzte Antwort auf die hamletische Frage letztendlich von dir und von Business kommen.

Erleuchtete Wesen sind wir. Nicht diese rohe Stammdaten.

Der zweite Kandidat ist Stammdaten. Vielleicht ist es das Wort "Daten", das darin versteckt ist, vielleicht der implizite Bezug auf den Meister, aber das Thema des Stammdatenmanagements und insbesondere der Verantwortung kommt immer wieder auf die IT-Abteilung zurück. Gleichzeitig ist Stammdaten, ebenso wie Prozesse für das Geschäftsmodell, die Essenz und das Knochenmark des operativen Rückgrats einer Organisation und ihrer Geschäftsprozesse. Daher bleibt die Ownership und die letztendliche Verantwortung trotz der Unterstützung durch IT bei bestimmten Verbesserungsinitiativen und der Bereitstellung der technischen Infrastruktur und Tools bei den erleuchteten Wesen aus den jeweiligen Funktionsbereichen.

Mach die Augen zu und klick mich, bevor Du denkst! Daten- und Compliance-Verstöße.

Obwohl IT sicherlich für die Bereitstellung technischer Instrumente und Maßnahmen verantwortlich ist, sind Statistiken gnadenlos, wenn es darum geht, vorherzusagen, wer deinen nächsten Datenverstoß verursachen wird (Spoilerwarnung: nicht die IT). Egal, wie genial die Werkzeuge sind und wie robust die Systeme sind, all die Firewalls und alle Abwehrmaßnahmen werden wie ein Kartenhaus zusammenbrechen, sobald ein Durchschnittsmensch beschließt, seine Kreativität zu entfesseln (fühl dich frei, das Wort "Kreativität" durch einen Begriff deiner Wahl zu ersetzen). Es benötigt Aufmerksamkeit, es benötigt mit einem guten Beispiel voranzugehen, es benötigt Schulungen und "Dress Rehearsals", es benötigt ein gutes Gleichgewicht zwischen dem Grad der Prozessoptimierung im täglichen Betrieb und der Fähigkeit deiner Mitarbeiter, angemessen auf die Situation zu reagieren. Am wichtigsten ist jedoch eine gesunde Fehlerkultur.

Was haben diese Situationen gemeinsam? In all diesen Fällen bietet die IT ein Werkzeug und gibt eine technische Lösung an die Hand. Sie kann jedoch weder die Entscheidungsfindung noch den menschlichen Faktor im Hintergrund ersetzen. Die Verwirrung entsteht aus einer Vielzahl von Gründen. Erstens ist es eine Kombination aus Unwilligkeit, eine Entscheidung zu treffen, und Wunschdenken, dass wir bereits einen Stand der technologischen Entwicklung erreicht haben, der es ermöglicht, solche Probleme auf "automatische Weise" zu lösen. Der "technologische Bias", der in den letzten Jahrzehnten vorherrschte, trägt ebenfalls dazu bei. Letztendlich, wenn die Dinge schief gehen, ein Sündenbock irgendwo im Serverraum, an einem Servicedesk oder im Elfenbeinturm der IT-Abteilung zu finden, bietet zumindest eine kurzfristige Erleichterung, und man kann sich weiter um aufregendere Themen kümmern. Allerdings Vorsicht: Probleme kumulieren sich und aufgeschobene Entscheidungen bringen die Organisationan an den Punkt, von welchem sie abrupt den Bach runtergeht – und zwar so schnell, dass man die Wasserratten grüßt bevor man es weißt.

Was können wir also dagegen tun? In erster Linie ist es bereits die halbe Lösung, sich des Problems bewusst zu sein und zu bleiben. Deshalb ist es so entscheidend, sich selbst und andere immer wieder an die Tugenden der RACI-Matrix zu erinnern (d.h., die Verantwortlichkeiten zu überprüfen) und die Realität damit abzugleichen. Ist die Ownership richtig zugeteilt und sind die Owner vollständig informiert? Wenn du auf der "Empfangsseite" der Probleme steckst, musst du so offen wie möglich kommunizieren und das Thema immer wieder ansprechen. Allerdings, wenn es sich so anfühlt, als ob du und deine Organisation festgefahren sind und die gleichen Diskussionen immer wieder führt, ist es höchste Zeit anzuerkennen, dass ihr einen Change Manager benötigt und unparteiische Hilfe von draußen zu holen. Wenn dem so ist, freue ich mich darauf, von dir zu hören!

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