Es passiert so unglaublich viel jeden Tag – der Strom an Neuigkeiten ist so überwältigend –, dass wir kaum noch über alte Nachrichten sprechen. Doch genau das möchte ich heute tun. Vor zwei Wochen hatte ich die Gelegenheit, einer Delegation aus Berlin nach Warschau beizutreten. Über diesen Besuch wurde bereits viel geschrieben und gesagt – aber ich wollte den Staub erst einmal sich setzen lassen. Und dann darüber nachdenken, welche Gedanken, Ideen und Gefühle geblieben sind, nachdem er sich gelegt hatte.
Einer meiner Lieblingsausdrücke in der deutschen Sprache ist: „Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus.“
Genau das habe ich an einem kalten Märzmittag gespürt, als Sinan und ich eine dampfende, duftende Schale Pho Bo genossen.
Es waren noch die ersten 100 Tage von Sinans Amtszeit als Geschäftsführer des SIBB, als er sagte: „Ich will, dass SIBB zu einem Leuchtturm für die digitale Wirtschaft in Berlin und Brandenburg wird.“
Wir haben gute Nachrichten: Kaum ist ein halbes Jahr vergangen, und das Licht dieses Leuchtturms hat bereits Warschau erreicht. Denn selbst ohne offiziell Teil der Delegation der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unter der Leitung von Franziska Giffey zu sein, war die Präsenz des SIBB dort in vielen Gesprächen deutlich spürbar.
Das zeigt nicht nur den Wandel, den ihr anstoßt – sondern auch den Wandel, den SIBB selbst durchläuft. Und das ist wirklich berauschend. Nun, da sich der Staub gelegt hat, möchte ich ein wenig mehr über diese Reise erzählen.
Vielleicht geht es nur mir so, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass uns die Pandemiejahre vergessen ließen, wie sehr es zählt, gemeinsam zu sein: in einem Raum, in einem Zug (oder einer Straßenbahn), im selben Hochhaus – gemeinsam in einer anderen Stadt anzukommen und sie zusammen zu erleben.
Dieses Gefühl der Verbundenheit wird noch stärker, wenn man erkennt, wie tief historische Ereignisse unsere Gegenwart prägen. Die Reden von Franziska Giffey, Berlins Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Miguel Berger, dem deutschen Botschafter in Polen, und Maciej Fijałkowski, dem Sekretär für Wirtschaftsentwicklung der Stadt Warschau, griffen alle dieselben historischen Fäden auf und webten daraus eine eindrucksvolle gemeinsame Melodie – von der Wiedervereinigung Deutschlands über den andauernden Krieg in der Ukraine bis hin zu den Auswirkungen beider Ereignisse auf das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland, insbesondere Berlin.
Daraus erwuchs eine gemeinsame Erkenntnis: Wenn Polen Deutschlands viertgrößter Handelspartner ist, dann ist es für Berlin die Nummer eins. Also – wie bauen wir darauf weiter auf?
Wenn Wirtschaft und Politik in einem Gespräch aufeinandertreffen, tauchen oft zwei gegensätzliche Haltungen auf.
Auf der einen Seite steht die Ansicht, Politik habe in der Wirtschaft nichts zu suchen – man solle sich neutral verhalten, weil Wirtschaft „über“ Politik stehe.
Auf der anderen Seite steht das Argument, das schon auf Adam Smith zurückgeht: Jede Wirtschaft ist immer auch politische Wirtschaft.
Mit der ersten Position konnte ich mich nie ganz anfreunden. Ich neige dazu, leise „Ja, aber…“ zu sagen – denn ich bin überzeugt, dass unsere politischen Überzeugungen tief in unseren Werten verwurzelt sind. Und diese Werte prägen, wiewir Geschäfte machen – und mit wem.
Natürlich ist ein hitziges politisches Streitgespräch selten das passende mise en place für ein Geschäftsessen.
Doch genau das hat mich an dieser Delegationsreise fasziniert: Die Gespräche waren entweder sehr konkret – etwa, wie globale Politik das Leben und die Wirtschaft unserer Städte beeinflusst – oder sehr grundlegend – über Werte und Überzeugungen.
Gerade weil wir uns in den großen Dingen einig waren (in unseren Werten und der gemeinsamen Richtung), konnten wir bei der Planung konkret bleiben, ohne uns in Details zu verlieren.
Ja, es wurde viel gesprochen – aber erstaunlich wenig in Floskeln oder Parteifarben.
Die Verbindung aus diesem neu erwachten Gefühl der Zusammengehörigkeit und der immer engeren Verflechtung unserer Wurzeln machte es ganz selbstverständlich, die nächsten Schritte zu planen – sei es im Rahmen der Oder-Partnerschaft, die im kommenden Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum feiert, der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Warschau, oder der ambitionierten Expo-2035-Initiative für Berlin.
Was bringt die Zukunft?
Lasst sie uns nicht einfach abwarten – lasst sie uns gemeinsam gestalten.